1.9.2020

Nachlassangelegenheiten

Mit „üblichen Gelegenheitsgeschenken” die vorweggenommene Erbfolge gestalten?

Im Rahmen der Erstellung von Erbschafsteuererklärungen begegnet uns regelmäßig die Frage, ob lebzeitige Zuwendungen des Erblassers als Vorschenkungen zu qualifizieren sind, die mitunter zu einer deutlichen Erhöhung der Erbschaftsteuer führen. Abzugrenzen hiervon sind sogenannte ´übliche Gelegenheitsgeschenke`, die das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz unter bestimmten Voraussetzungen von der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer befreit.

Feste Wertgrenzen gibt es insoweit nicht. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei neben dem Wert Aspekte zu berücksichtigen sind, wie Anlass und Art der Zuwendung sowie Nähe zwischen Schenker und Beschenktem und die Vermögensverhältnisse des Schenkers.

Als möglicher Anlass solcher Gelegenheitsgeschenke kommen insbesondere regelmäßig wiederkehrende Ereignisse, wie Geburtstage in Betracht. Es muss sich stets um ein Geschenk handeln, dass üblicherweise zu dem entsprechenden Anlass überreicht wird und Ausdruck einer besonderen verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehung zwischen dem Schenker und dem Beschenkten ist.

In Ermangelung fester Wertgrenzen ist in der Praxis häufig schwierig die Frage zu beantworten, was´denn dem Wert nach noch als ein „übliches Gelegenheitsgeschenk” angesehen werden kann. Nach heute wohl herrschender Auffassung ist insoweit auf „die Lebensgewohnheiten der beteiligten Bevölkerungskreise“ (Schienke-Ohletz, in: von Oertzen/Losse, ErbStGKomm. 2017, § 13 Rn. 77) abzustellen. Konsequenz ist, dass bei einem in ungewöhnlichen Maße begüterten Schenker nicht auch ungewöhnlich hohe Zuwendungen als noch üblich angesehen werden dürfen (Megow/Michel, ErbStG-Komm. 6. Aufl. 1974, § 13 Rn. 17).

BITTE BEACHTEN SIE
I Nicht jedes Gelegenheitsgeschenk ist steuerbefreit. Insbesondere kann eine Vermögensumschichtung zu Lebzeiten zwischen Schenker und Beschenktem nicht als steuerfreies Gelegenheitsgeschenk qualifiziert werden.
I Beispielsweise sind nach aktuellem Urteil des OLG Celle vom 13.2.2020 Schenkungen an Enkel mittels langjähriger monatlicher Zahlungen auf ein Sparkonto („Bonussparen”) nicht als Gelegenheitsgeschenke einzuordnen (OLG Celle 13.2.2020, 6 U 76/19).

Wenngleich sich die vorweggenommene Erbfolge mittels üblichen Gelegenheitsgeschenken also nicht gestalten lässt, so verbleibt es dennoch bei der grundsätzlichen Möglichkeit, bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte auch außerhalb des Freibetrags steuerfrei zu übertragen.